PFÄLZISCH-BALINESISCHES

Konkurrenz für den Saumagen

von Markus A. Maesel · 04.02.2009 · 2 Kommentare

Was für den Schwaben die Maultasche und für den Berliner die Bulette soll für den Pfälzer der Saumagen sein – fleischgewordenes, vom Tellerrand umzingeltes Nationalbewusstsein. Wahrscheinlich streben geltungsbewusste Pfälzer daher auch nicht das Bundesverdienstkreuz am Bande als Krönung ihres Lebenswerkes an, sondern den jährlich zu vergebenden Saumagen-Orden der Schifferstadter Karneval- und Tanzsport Gesellschaft „Schlotte“. Angeregt wurde die Auszeichnung übrigens durch den Überpfälzer Helmut Kohl.

Altbundeskanzler Helmut Kohl, der es liebte, Staatsgäste in seine vorderpfälzische Heimat zu führen, machte den Saumagen weltberühmt. Seitdem weiß fast jeder, dass der Magen des Borstenviehs mit einer Mischung aus magerem Schweinefleisch, Bratwurstbrät, Kartoffeln und Gewürzen gefüllt wird, und lange - ohne zu kochen - in heißem Wasser ziehen muss. Böse Zungen behaupten, der französische Staatspräsident François Mitterrand habe bei seinem Besuch in der Pfalz erst vom Saumagen gegessen, als Helmut Kohl ihm mit der Rückgabe des Saarlands an Frankreich gedroht hatte. So mancher Pfälzer wird Kohls erfolgreiche Saumagen-Promotion höher bewerten als seine Verdienste um die deutsche Wiedervereinigung.

Mag der Saumagen vielen Pfälzern über alles gehen, eine konkurrenzlose Schöpfung ist er wohl nicht. Er hat zumindest einen eigenwilligen Vetter in Fernost, den der Journalist und Weltbummler Richard Katz 1929 auf der Götterinsel Bali aufstöberte und das Rezept für die Nachwelt festhielt:

„Man nehme einen mittelgroßen jungen Hund, lasse ihn zwei Tage hungern, gebe ihm aber reichlich zu trinken. Am Abend des zweiten Tages füttere man ihn mit einem Pfund feingehackten Schweinefleischs, einem halben Pfund grobgehackten Büffelfleischs und einem Viertelliter Milch. Eine Stunde später schlachte man den Hund und entnehme ihm den gefüllten Darm. Diesen binde man beiderseits ab und röste ihn über gelindem Holzkohlenfeuer. Den Rest des Hundes bereite man nach gewohnter Art als Braten- oder Suppenfleisch zu“.

Welch wertvolle Proteinquellen und kulinarische Freuden in unseren überfüllten Tierheimen doch schlummern.

Quellen: Richard Katz: Heitere Tage mit braunen Menschen. Hamburg/Berlin 2. Auflage 1955 (Erstauflage 1929), S. 218; vgl. auch Beiträge „Saumagen“ und „Saumagen-Orden“ in der Wikipedia.

Kategorie(n): Ausgekramtes und Entdecktes, Genüssliches und Anregendes, Geschichtliches und Völkerkundliches, Indonesisches und Manadonesisches, Kurpfälzisches und Südwestdeutsches, Tierisches und Pflanzliches

2 Beiträge der Leser

  • Helga Moll

    // Feb 4, 2009 at 19:46

    Den Magen könnte ich mir noch vorstellen, aber den Darm ……
    Gruß Helga

  • Winny Riedel-Kanu

    // Feb 5, 2009 at 13:17

    Hund habe ich noch nicht wissentlich gegessen. Da ich mich zur Zeit mit suedostasiatischen Spezialitaeten auseinandersetze, koennte ich mir das durchaus vorstellen. Nachdem die Pfaelzer Wurst doch auch in einen Darm gefuellt ist, kann wenigstens ein Arbeitsgang gespart werden.

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