DREHWURM

Im Hamsterrad

von Markus A. Maesel · 09.12.2009 · 1 Kommentar

Gegenwärtig bewege ich mich beruflich wie privat wieder im Hamsterrad. Jeder Tag – eine Drehung. Fast auf die Minute genau wiederholt sich der tagtägliche Zeitablauf, vorgegeben durch die Fahrpläne von Bussen, Straßenbahnen, U-Bahnen und Fernzügen, bestimmt durch zyklische Arbeitsprozesse. Spätabends zuhause folgen Essen, Kinder bettfertig machen, Kleider und Tasche für den nächsten Morgen richten, Schlafen gehen. Alles ist durchrationalisiert. Komme ich aus dem Takt, so stolpert mein Tag.

Der Mensch als Herr über sich selbst, seine Zeit, sein Leben? Fast schon bissig hielt die spanische Karmelitin und Mystikerin Teresa von Avila im 16. Jahrhundert fest: „Eine der Lügen der Welt ist es, Menschen Herren zu nennen, da sie doch in Wirklichkeit nur Sklaven sind von tausenden Dingen“. Otto Normalverbraucher und Erika Mustermann in der Tretmühle des Daseins.

Früher fand ich mein Vorbild für die Entschleunigung des Alltags beim kleinen Prinzen von Antoine de Saint-Exupéry. Dieser stieß bei seiner Planetenreise auf einen Händler, der durststillende Pillen verkaufte. Nach der Berechnung von Sachverständigen könne man dadurch dreiundfünfzig Minuten in der Woche einsparen, warb der Händler für sein Produkt. Daraufhin entgegnete ihm der kleine Prinz: „Wenn ich dreiundfünfzig Minuten übrig hätte, würde ich ganz gemächlich zu einem Brunnen laufen …“.

Die anrührende Geschichte klingt heute für mich so fern und fremd. Nur noch verschwommen sehe ich die Konturen des kleinen Prinzen durch die Milchglasscheibe.

Kategorie(n): Gesellschaftliches und Wirtschaftliches, Mobiles und Zugiges

1 Beitrag der Leser

  • Helga

    // Dez 14, 2009 at 17:37

    Schneller als man denkt ist man aus dem Hamsterrad draußen und in dem Alter, in dem die Zeit nicht mehr unendlich, sondern “endlich” ist. Sklave von tausend Dingen bleibt man dennoch. Deshalb - lebe jeden Tag.
    Gruß Helga

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