DEFTIGES

Kapuzinade

von Markus A. Maesel · 26.03.2010 · 4 Kommentare

Kapuzinaden oder Kapuzinerpredigten sind derbe, volkstümliche Predigten. Sie gehen auf den Anfang des 16. Jahrhunderts gegründeten franziskanischen Reformorden der Kapuziner zurück, der sich zur radikalen Armut verpflichtete und sich besonders für die Vorgänger der heutigen Hartz-IV-Klientel – Arme, Notleidende, Obdachlose und Kranke – engagierte. Die Kapuzinerpatres schauten dabei dem Volk aufs Maul, predigten in dessen Sprache und fanden daher mit ihren Aufrufen zur Buße große Akzeptanz beim gemeinen Mann. Zu literarischer Berühmtheit gelangte die Kapuzinerpredigt in Friedrich Schillers Wallenstein. Inzwischen wird die Form der Kapuzinade auch im nichtreligiösen Bereich benutzt, um in einer Rede einen Missstand deftig und unmissverständlich auf den Punkt zu bringen.

Vor zwanzig Jahren bin ich zu Beginn meiner Dissertation auf die Schlussverse einer solchen Rede gestoßen, die im kurpfälzischen Alzey Mitte des 18. Jahrhunderts bei einer Beerdigung gehalten wurde. Die fromme Derbheit des Kapuzinerpaters beeindruckt mich noch heute:

„O Tod! Du infamer Rakker!

Du hast gelegt unsern lieben Mitbruder auf den Gottesacker.

Jetzt liegt er im hölzernen Schlafrock,

Wie die Sau im Brühtrog. Amen!“

[Quelle des Zitats: Ludwig Häusser: Geschichte der rheinischen Pfalz nach ihren politischen, kirchlichen und literarischen Verhältnissen. Bd. 2, Heidelberg 1856, 2. Aufl., S. 942, Fußnote 12].

IN EIGENER SACHE: „Kapuzinade“ ist der 100. Beitrag, der auf Weltgeflüster erschienen ist. Damit konnte die Zielvorgabe des Weblogs, jede Kalenderwoche zumindest einen Beitrag ins Internet zu stellen, fast eingehalten werden. Für die zahlreichen Leserkommentare, die bisher die Artikel begleitet haben, möchte ich mich an dieser Stelle recht herzlich bedanken. Sie sind das Salz in der Suppe und bewahren den Autor davor, sich im luftleeren Raum zu bewegen. Im Mai kann Weltgeflüster sein zweijähriges Bestehen feiern. Und das sind 100 Beiträge Weltgeflüster:

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TUNESISCHE KÖSTLICHKEIT Brik 10.09.2008

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VORGEDANKEN ZU WEIHNACHTEN Noch drei Monate 24.09.2008 (Ewald Titz)

UNTERHALB DES TELLERRANDS Kampf in urdeutschen Biotopen 01.10.2008

MENSCHENTYPEN Schalen und Kerne 08.10.2008

ROTWEIN & CO. Busintellektueller 17.10.2008

BERUFSPERSPEKTIVE Ziereremit 22.10.2008

STILVOLLER ABGANG Holzurnen 01.11.2008

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ERNÜCHTERNDES Weihnachtstango 26.12.2008

FRÖHLICHER KEYNESIANISMUS Berauschte Rezession 02.01.2009

EINFALLSLOSIGKEIT Eintrocknende Schreibfeder 09.01.2009

DEUTSCHE BAHN Potenzielle Horroransage 13.01.2009

INDONESISCHES DENKEN Familienplanung 20.01.2009

JENSEITS VOM DIESSEITS Dunkle Vorahnungen 28.01.2009

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BUSFAHRERS TROST Die Achse des Blökens 13.02.2009

MAGEN-DARM-VIREN Die Gleichmacher 21.02.2009

KULTURELLE VERLUSTÄNGSTE Verbuschung 26.02.2009

TIERISCHE BETRACHTUNGEN Hans 05.03.2009

STINKENDER HOCHGENUSS Durian 12.03.2009

HEILIGER MIT SICHERHEITSSCHUHEN Sankt Josef 19.03.2009

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DEUTSCHE EIGENHEIT Verstimmungszyklus 15.04.2009

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INFEKTIÖSES Im indonesischen Krankenhaus (Teil 1) 20.08.2009

INFEKTIÖSES Im indonesischen Krankenhaus (Teil 2) 27.08.2009

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IM SANGIHE-TALAUD-ARCHIPEL Der schwankende Weg nach Tahuna (Teil 2) 25.09.2009

EIN MANNHEIMER IN INDONESIEN Der Naturforscher Dr. Schwaner (1817-1851) 01.10.2009

WAHLKAMPF-NACHLESE Guidos Herzensbildung 07.10.2009

MARKTSCHREIER Gardening und Homing 21.10.2009

VIAGRA Erigierte Luftwaffe 29.10.2009

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TEILEN UND MEHR Nachgedanken zu Sankt Martin 18.11.2009

EINSCHULUNGSUNTERSUCHUNG Der verkannte Knopf 23.11.2009

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DREHWURM Im Hamsterrad 09.12.2009

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WEIHNACHTEN 2009 Liebe Leserinnen und Leser von Weltgeflüster, … 22.12.2009

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ENTSCHULDIGUNG Störungen bei Weltgeflüster 02.02.2010

AGROFORSTWIRTSCHAFT INDONESIEN Die Kebong-Wirtschaft der Minahasa 04.02.2010

DER FALL VON MOMPRACEM Sandokan 06.02.2010

GESPENSTISCHE FANTASIEN Tsin, du Wunderbare 15.02.2010

KOKOSNUSS ALS RELIGION Kokovorismus 23.02.2010

WORTHÜLSEN (3) Visionen 02.03.2010

SPARKASSEN-WETTBEWERB Der verhinderte Limerick 10.03.2010

AUFFANGSTATION? Gottes Hand 17.03.2010

DEFTIGES Kapuzinade 26.03.2010

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Kategorie(n): Heiliges und Unheiliges, Makaberes und Skurriles

4 Beiträge der Leser

  • stephan

    // Mär 26, 2010 at 10:12

    Hallo Markus,

    herzlichen Glückwunsch!!!,

    ich freue mich schon auf die nächsten hundert Deiner Kolumnen.

    Gruß Ste

  • Anne

    // Mär 29, 2010 at 10:42

    Lieber Markus,

    auch ich lese Deine Artikel in “Weltgeflüster” immer wieder gerne und verdanke Dir auf jedenfall so manches Lachen und Lächeln, gepaart mit der Anregung zum Nachdenken.

    Danke für die Liebesmüh! Und ein schönes Osterfest wünsche ich Dir und den Deinen natürlich auch.

    Liebe Grüße

    Anne

  • Helga

    // Apr 16, 2010 at 20:21

    Lieber Markus,
    herzlichen Glückwunsch zum Beitrag Nr. 100, ich freue mich schon auf die folgenden, die da noch kommen.
    Lieben Gruß
    Helga

  • Letzte Dinge | Weltgeflüster

    // Nov 12, 2016 at 12:37

    […] [Quellen: Markus A. Maesel: “Das einzig Sichere im Leben ist der Tod”. Mit dem Bundesverband Bestattungsbedarf in die Tiefen des Trauermarktes, zu Hopf-Pietätsartikel und zur Sargfabrik Wurth. In: Holz-Zentralblatt Nr. 44 vom 4.11.2016, S. 1069-1071; Zitat von Hans-Jürgen Quadbeck-Seeger in: Aphorismen.de; zum “hölzernen Schlafrock” siehe Weltgeflüster-Beitrag: Kapuzinade]. […]

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