SEISMOLOGISCHE MYTHE

Grunzende Erschütterungen

von Markus A. Maesel · 19.05.2010 · 1 Kommentar

Der Nordosten der indonesischen Insel Sulawesi gehört zu den vulkanischsten und erdbebenreichsten Gebieten dieser Welt. Erst vor wenigen Tagen bebte in diesem Inselteil die Erde wieder mit einer Stärke von 6,0 auf der Richterskala. Das hier siedelnde Minahasa-Volk erklärte sich früher das ständige Wackeln seines Lebensraumes mit einer in ihrer seismologischen Argumentation bestechenden Mythe.

Bei „Rembokkan“ – gemeint ist wohl die Ortschaft Remboken am Tondanosee – habe die Erde ihren Mittelpunkt und ruhe dort auf einem unterirdischen Pfahl, bei dem ein Riesenschwein hause. Jedes Mal, wenn sich die chthonische Megawutz an dem Pfahl wetze, beginne die Erde zu beben. Nach einer anderen Variante steht der Pfahl gar auf dem Rücken des bewegungsfreudigen Erdschweines.

Ich halte das Erklärungsmodell der Minahasa nicht nur für banale Erdbeben geeignet. Wie wäre beispielsweise die folgende Anwendung: Die Gemeinschaftswährung Euro ruht in Frankfurt, der Mitte von Finanzeuropa, auf einem unterirdischen Pfahl. Der Euro kommt stets ins Wanken, wenn sich gierig grunzende, lichtscheue Spekulanten an diesem Stamm reiben … . Das ist doch viel griffiger und führt zu demselben Ergebnis wie die komplizierten und undurchsichtigen ökonomischen Deutungsversuche, mit denen uns Politik und Medien derzeit konfrontieren. Öff, öff.

[Die Erdbeben-Mythe ist überliefert in Kurt Tauchmann: Die Religion der Minahasa-Stämme (Nordost-Celebes/Sulawesi). Diss. Köln, 1968, S. 68; vgl. auch Anmerkung Nr. 85 auf S. 260].

Kategorie(n): Ausgekramtes und Entdecktes, Geschichtliches und Völkerkundliches, Gesellschaftliches und Wirtschaftliches, Indonesisches und Manadonesisches, Tierisches und Pflanzliches

1 Beitrag der Leser

  • Helga

    // Jul 22, 2010 at 19:29

    Hallo Markus,
    haben die sich eventuell schon eingenistet, ehe der EURO da war? So für alle Fälle?

    Grüße

    Helga

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