MEDIALES

Wie das Fernsehen in mein Leben zurückkehrte

von Markus A. Maesel · 31.05.2011 · 2 Kommentare

Meine Entfremdung von der Glotze setzte mit dem Start des Privatfernsehens ein. Als ich Mitte der 90er Jahre Single mit eigenem Haushalt war, zog ich einen Schlussstrich, warf den Fernsehapparat hinaus und meldete ihn ab. Seitdem hatte ich Besuch von der Gebühreneinzugszentrale (GEZ). Bereitwillig führte ich deren Vertreter durch das Reihenhäuschen, vom Dachboden bis zum Keller, und weidete mich an ihrem ratlosen Gesichtsausdruck und ihrer Hilflosigkeit, da sie kein verstecktes Fernsehgerät fanden. Als Übersprungshandlung fotografierten sie in ihrer Frustration dann meist im Keller die jungfräuliche Plombe am Kästchen für den Kabelanschluss. Eine GEZ-Detektivin drehte sich beim Abschied an der Haustür nochmals um, sah mir prüfend in die Augen und fragte eindringlich: „Und Sie haben wirklich keinen Fernsehempfänger?“ „Brauchen Sie so etwas?“, konterte ich. Kopfschüttelnd zog auch sie von dannen. Ich war sehr stolz und kokettierte damit, dass ich in meinen vier Wänden kein „Denkbedürfnisgrab“ beherbergte, wie der Philosoph und Aphoristiker Manfred Hinrich einmal das Fernsehen bezeichnet hatte. Doch dann kam ich in das fernsehbegeisterte Indonesien und lernte meine Frau kennen. Als sie nach Deutschland kam, war sie – gelinde gesagt – über die Abwesenheit eines solchen Geräts schockiert. Sie setzte mir mit asiatischer Freundlichkeit die Pistole auf die Brust: „Ohne Fernsehen kann ich nicht bügeln …“. Seitdem haben wir sogar einen Kabelanschluss.

Kategorie(n): Gesellschaftliches und Wirtschaftliches, Indonesisches und Manadonesisches

2 Beiträge der Leser

  • Oliver Heintz

    // Mai 31, 2011 at 07:14

    TV ist ueberwiegend eine Zeitvernichtungsmaschine - die oeffentlich-rechtlichen ein wenig weniger, die privaten deutlich mehr.

  • Gerhard Böhmer

    // Jun 30, 2011 at 13:11

    Meine Frau hört Hörspiele beim Bügeln, eine sehr gute Alternative zum Fernsehen :–))

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