LUDWIGSHAFEN

Bauliche Ewigkeiten überleben

von Markus A. Maesel · 28.10.2017 · 0 Kommentare

Ich lebe seit mehr als 55 Jahren in Ludwigshafen am Rhein. Ich bin in der Chemiestadt geboren, seit vier Generationen ist meine Familie stiller Teil der Stadtgeschichte. Während ich hier vor mich hin altere, staune ich, wie ich Altes in der Vorderpfalzmetropole überlebe, das scheinbar über meine Lebensspanne hinauswies. Das Friedrich-Engelhorn-Hochhaus, 1957 als Aushängeschild des Chemieriesen BASF gebaut, Wahrzeichen der Stadt, mit über 100 Metern zeitweise das höchste Gebäude Deutschlands, architektonisch anspruchsvoll und denkmalgeschützt – 2013/2014 abgerissen. Eine Grünfläche, mit der ich zu meinen Lebzeiten nicht gerechnet habe. Die Tortenschachtel, ein markanter Rundbau am Berliner Platz, 1960 als Kaufhof eröffnet, unverwechselbarer, fester Bestandteil des Weichbildes der Stadt – seit Herbst 2015 durch eine Baugrube abgelöst. Seitdem Baustillstand, eine Grube, die mich vielleicht tatsächlich überleben könnte. Das Rathaus-Center Ludwigshafen, ein über 70 Meter emporsteigendes, verglastes Hochhaus, 1979 eröffnet, selbstverständlicher Bestandteil von Ansichtskarten – ihm droht zumindest der Teilabriss. Salamitaktik. Die Hochstraße Nord, in den 1970er Jahren für Generationen in Beton gebaut, seit Jahren schon marode – wird ebenfalls ab 2019 verschwinden. Auch hier zeige ich mich als gesünder. Langsam machen sich bei mir Unsterblichkeitsfantasien breit. Zumindest wenn ich in Ludwigshafen bin.

Kategorie(n): Gesellschaftliches und Wirtschaftliches, Kurpfälzisches und Südwestdeutsches

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