AKADEMISCHE RUHESTÖRUNG

Mußefreund

von Markus A. Maesel · 13.08.2008 · 1 Kommentar

Vor etwas mehr als zehn Jahren. Ein älterer Professor steht mit stark blutender Platzwunde am Kopf, umgeben von einigen pflichtgemäß betroffenen Studenten, auf dem Campus der Universität Hohenheim. Vor ihnen schreit empört ein Tippelbruder mit grauschwarzem Haar und Bart, sich ständig wiederholend: „Er hat meine Muße zerstört; er hat meine Muße zerstört“.

Der Tippelbruder wirkte nicht alkoholisiert oder verwahrlost. Auch ist jemand, der den Satz „Er hat meine Muße zerstört“ hervorbringt, nicht in der Gosse geboren. Wahrscheinlich hatte er auf einem Stein oder einer Bank die ersten warmen Strahlen der Frühlingssonne genossen, die zur Mensa gehenden oder auf dem Campus flanierenden Studenten beobachtet, das junge Grün an den Bäumen und Sträuchern bewundert.

Möglicherweise kam ihm dabei ein entscheidender, so noch nie gedachter Gedanke zum Verständnis des Lebens, zur Erklärung der menschlichen Existenz. Vielleicht baute sich auch gerade in seinem Kopf eine sensationelle Formel auf, die eine der Naturwissenschaften verändert hätte.

Doch dann kam der Professor, der seine einmaligen Empfindungen oder Gedanken jäh unterbrach. Wahrscheinlich forderte der Mann von oben den Mann von unten auf, das Universitätsgelände unverzüglich zu verlassen. Denn hier durfte nur mit gültigem Studentenausweis oder mit entsprechender Besoldungsgruppe nachgedacht werden. Der Overdog hatte dem Underdog die Muße zerstört. Und dann muss ein Stein geflogen sein. David gegen Goliath?

Kategorie(n): Gesellschaftliches und Wirtschaftliches, Kurpfälzisches und Südwestdeutsches

1 Beitrag der Leser

  • Reddisch

    // Aug 13, 2008 at 10:08

    Wenn das vor 10 Jahren passiert ist, wundert mich der brutale Überfall auf einen Rentner in der U-Bahn nicht mehr. Unabhängig vom “Recht” gehören Steinewerfer in den Knast und aus der Gesellschaft verbannt. Ich verabscheue Menschen, die sich auf brutale Art und Weise ihren Ausdruck Recht verschaffen.

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