ERINNERUNG AN EINEN ZUG

IC 2052

von Markus A. Maesel · 11.12.2016 · 0 Kommentare

Vor genau einem Jahr, am 11. Dezember 2015, einem Freitag, fuhr zum letzten Mal der IC 2052 von Stuttgart nach Saarbrücken. Für mich als Pfälzer hätte dieser Intercityzug eigentlich ein Eurocity (EC) sein müssen, da er sich ab Homburg  durch das saarländische Ausland seinen Weg bahnte. Er startete normalerweise im Stuttgarter Hauptbahnhof auf Gleis 8 und füllte die Gleisabschnitte C bis F aus. Um 17.55 Uhr ruckelte es immer kurz durch die alten Waggons, dann begann er seine 237 km lange Fahrt nach Saarbrücken, wo er gewöhnlich um 20.18 Uhr ankam. Tag für Tag, Monat für Monat, Jahr für Jahr. Von einem modernen Wagen mit Großraumabteil und Klimaanlage abgesehen, hatten alle Waggons musealen Charakter. Klassische Abteile mit breiten, manchmal geflickten Plüschsitzen und großer Beinfreiheit. Keine Wagenart war doppelt. Außerdem gab es kostenlose Erinnerungen an die eigene Jugendzeit, als diese Waggons noch selbstverständlich waren. Ergriffen zählen Nostalgiker unter den Eisenbahnfreunden im Internet die einzelnen Wagentypen des IC 2052 auf: Ost-Bimz, Bpmz (mit und ohne Redesign), West-Bimz, Bwmz 111, Avmz (Redesign).

Für die Pendler, die abends nach Mannheim und Ludwigshafen zurückkehren, war der Zug optimal. Er hielt sogar als einer der wenigen Intercitys im heute weitgehend abgehängten Hauptbahnhof Ludwigshafen, der einst als modernster Bahnhof Europas gefeiert wurde. Während die Hektiker unter den Bahnfahrern in Stuttgart um 17.51 Uhr in den überfüllten ICE 514 auf Gleis 10 drängten, belohnte der IC 2052 seine Gäste mit Entschleunigung bei gemütlichem Sitzen. Und er war meist pünktlich. Manchmal startete er sogar vor dem verspäteten ICE und musste dann in Hockenheim warten, damit dieser ihn überholen konnte. Auf meine Beschwerde gegen die Einstellung des Zuges erhielt ich von der Deutschen Bahn unter dem Zeichen 1-34507616814 nur warmen Kanzleitrost in Textbausteinen.

Natürlich stand ich vor einem Jahr rechtzeitig auf dem Gleis, um den IC 2052 auf seinem letzten Weg zu begleiten. Er wurde erstaunlicherweise in umgekehrter Wagenreihung bereitgestellt, mit dem 1. Klasse-Wagen direkt hinter der Lok. Abweichend hatte der Zug auch zwei moderne IC-Waggons. Er startete mit fünf Minuten Verspätung und musste vor der Einfahrt in den Mannheimer Hauptbahnhof warten, da das Gleis noch belegt war. Dann Weiterfahrt nach Ludwigshafen mit gewohntem Ausstieg auf Gleis 4. Während der gemächlichen Zugfahrt herrschte weitgehend Stille im Großraumabteil, nur zwei Ostasiatinnen unterhielten sich vor mir angeregt auf Deutsch. Die wenigsten Reisenden wussten wohl um den Abschied. Oder waren frei von Sentimentalitäten. Der Intercity brauchte eine Stunde bis Ludwigshafen, ein letzter Blick auf das Wagenensemble. Dann fuhr er los, um eine Fußnote in der Eisenbahngeschichte zu werden. Die beiden roten Rücklampen leuchteten im Abenddunkel wie Friedhofslichter.

[Den Fahrten mit IC 2052 verdankt Weltgeflüster zwei Geschichten: Bahnfahrt - Erlebnis in Schwäbisch-Malaysia und Neue alte Erkenntnis - Marode Bahn; Hinweise zu IC 2052 im Internet: Drehscheibe-online.dePtdb.infoElektrolok.de und ICE-Treff.de].

Fotostrecke: Letzte Fahrt des IC 2052 ab Stuttgart

Fotos: Markus A. Maesel

Kategorie(n): Kurpfälzisches und Südwestdeutsches, Mobiles und Zugiges

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