Die schwarzen Augen meiner indonesischen Ehefrau schauen mich entsetzt an. Dabei habe ich ihr auf die Frage nach meinem Favoriten lediglich geantwortet, dass der Fußball-Weltmeister wohl Argentinien heißen werde. Trainer Diego Maradona wird zweifellos seine Jungs zum Sieg knutschen. Wie ich als Deutscher so etwas nur sagen könne, herrscht sie mich fassungslos an. Schließlich sei Deutschland doch mein Heimatland. Natürlich werde Deutschland Weltmeister.
Am liebsten würde sie mir wegen Hochverrats den deutschen Pass entziehen und mich in die Staatenlosigkeit entlassen. Mangelnden Integrationswillen kann man meiner Angetrauten wirklich nicht vorwerfen. Ich erinnere mich noch an die WM vor vier Jahren, als meine bessere Hälfte trotz fortgeschrittener Schwangerschaft beim Spiel Deutschland gegen Argentinien euphorisch vor dem Fernsehapparat herumtanzte.
Bei dieser WM hat sie Unterstützung: Unser Sohn schneidet ständig Papierblätter zurecht und bemalt sie schwarz-rot-gold. Seine kleine Schwester singt „Olé, olé, olé …“ und ruft in nationaler Begeisterung „Bitburger“. So findet Fernsehwerbung ihre frühen Opfer.
Im fernen Indonesien hat mein nicht gerade begüterter Schwiegervater eine große Deutschland-Fahne nähen lassen, die jetzt vor seinem Domizil flattert. Mein Schwager Edy, der beim Ausgehen oft das deutsche Nationaltrikot trägt, wird nach der Teutonendämmerung gegen Serbien wieder furchtbar gelitten haben. Indonesien ist fußballverrückt, alles Deutsche hat in dem Inselreich einen hohen Stellenwert, im Flaggenmeer der Fans sticht die deutsche Trikolore hervor.
Und wenn Argentinien doch Weltmeister wird? Dann wird mich meine Familie als vaterlandslosen Gesellen mit Vuvuzelas zum Jüngsten Gericht rufen. Was wird das erst werden, wenn Indonesien 2014 die WM-Qualifikation schaffen sollte?
[Vgl. zum Thema den Weltgeflüster-Beitrag „Fußballverrücktes Indonesien“].
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