Meinem Sohn wollte ich zum 12. Geburtstag ein Fahrtenmesser schenken. Kein nepalesisches Gurkha-Messer, kein Marines-Kampfmesser mit Blutrinne, einfach nur ein traditionelles Fahrtenmesser. Ich dachte dabei an den Klassiker „Linder Fahrt- und Pfadfindermesser“ mit silbernem Lilienemblem auf schwarzem Griff, 14,1 cm Klingenklänge und 5 mm Klingenstärke, rostfreiem Stahl, nicht übertrieben scharf geschliffen, Metallscheide, seit Generationen baugleich. Ein kleines Mannbarkeitsritual und doch ein Meilenstein auf dem Weg vom Kind zum Manne, es hätte meinem Filius Freude gemacht. Wie trug er mit Stolz als knapp sechsjähriger Knirps in Indonesien das Buschmesser seines Großvaters um die Hüften. Vier Wochen lang (vgl. damaligen Weltgeflüster-Beitrag). Wie stolz war Opa auf den mannhaften Enkel. Die Vorfahren, Angehörige des Minahasa-Volkes, lebten vor rund 200 Jahren noch als ehrbare und fleißige Kopfjäger.
Doch vor einigen Tagen ließen mich Arbeitskollegen mit Forst- und Jagdausbildung aus allen Wolken fallen. Jedes feststehende Messer mit mehr als 12 cm Klingenlänge gelte inzwischen als Waffe und dürfe nicht in der Öffentlichkeit getragen werden, klärten sie mich auf. Ich googlte, tatsächlich – seit 2008 gibt es ein neues Waffengesetz. Eine große Einschränkung für die Pfadfinderarbeit mit vielen neuen Auflagen.
Selbstverständlich besaß ich als Jugendlicher Ende der 1970er Jahre ein Fahrtenmesser, ebenso meine Freunde. Bei Wanderungen hing es lässig am Gürtel oder es war im Rucksack verstaut. Damit war man einfach Mann, ohne bedrohlich, aggressiv oder militaristisch zu sein. Unsere Eltern, ebenfalls mit dem Gegenstand sozialisiert, hatten keinerlei Bedenken. Welch Eunuchisierung und Feminisierung von heutigen Jungen, welch im Kleinkram überregulierte Welt. Das Taschenmesser als fades Trostpflästerchen. Da bleibt dem Nachwuchs wirklich nur noch das Komasaufen als Mannbarkeitsritual übrig.
[Quelle: Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder (VCP): Neues Waffenrecht beschlossen].
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